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Sonntag, 14. September 2008

Tierschutz in Althengstett: Eine unendliche Geschichte

Wird es nach 5 Jahren in Althengstett eine Lösung für den Tierschutz geben?

Seit 2004 geht das Hin und Her um eine Tierrettungsstation im Außenbereichssplitter von Althengstett nun schon. Damit der Fall neu aufgerollt und dann endlich gelöst werden kann, hatte Bürgermeister Dr. Götz am 9.10.2007 zur Infoveranstaltung in die Neuhengstetter Turn- und Festhalle eingeladen. Die Vorsitzende des Tierschutzvereins Gudrun Sohnrey erläuterte das Konzept für die geplante Tierrettungsstation. Nun sei zuallererst der politische Wille der Gemeinde gefragt, machte Kreisbaumeisterin Dorothea Weßling deutlich. Danach könnten die Verfahrensfragen geprüft und geklärt werden. Bürgermeister Dr. Götz ließ die Zuhörerinnen und Zuhörer zu Wort kommen. Bedenken äußerten vor allem Anwohner der L 179, nicht gegen den Tierschutz oder gegen die Unterbringung der Fundtiere „Wir sind keine Tierfeinde!“, sondern gegen noch mehr Lärm vor ihrer Haustüre. Die L 179 ist zur dicht befahrenen Umgehungsstraße geworden, bei Tag und Nacht! An einen erholsamen Schlaf bei geöffnetem Fenster sei nicht mehr zu denken. Da wolle man nicht auch noch Hundegebell ertragen.

Die Forderung der L179 – Anwohner nach Ruhe ist berechtigt. Die Ursache ihrer Not ist der Straßenlärm und deshalb sind Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung auf der L 179 dringend nötig! Die Tierrettungsstation ist eine andere Sache. Auf dem Rücken hilfloser Tiere und dem ehrenamtlichen Engagement der Vereinsmitglieder darf der Ärger über den Straßenlärm jedenfalls nicht ausgetragen werden. Kreisbaumeisterin Dorothea Weßling empfiehlt ein Lärmgutachten, das beurteilen soll, wie viel des Gebells von 5 Hunden aus dem „Eulert 12“ bei den Häusern auf der anderen Seite der L 179 möglicherweise akustisch ankommt. Der Tierschutzverein hat daraufhin ein Gutachten in Auftrag gegeben und inzwischen vorgelegt. Die Messergebnisse und Berechnungen des Gutachters, eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Schallimmissionsschutz, ergeben, dass der Richtwert sowohl nachts als auch tags deutlich unterschritten wird. Vorgeschlagen wird ein Sichtschutz entlang der westlichen Grundstücksgrenze, damit die Hunde keine Passanten auf dem vorbeiführenden Feldweg sehen können. Durch diesen Sichtschutz ist eine deutliche Reduzierung des Anreizes zur „Revier-Verteidigung“ und damit des Bellens zu erwarten. Der Tierschutzverein will außerdem durch artgerechte Unterbringung und gute Versorgung der Tiere das Bellen minimieren und für schallabsorbierende Maßnahmen beim Bau der Hundeplätze sorgen. Nachts sollen die Hunde ausschließlich innerhalb des Gebäudes untergebracht werden.
Jetzt entscheidet der Gemeinderat erneut.

Das hat sich bisher ereignet:

09.12.2003: Im Technischen Ausschuss wird verhandelt: „Für das Grundstück Herzog, Neuhengstett, liegt eine Anfrage für eine Bebauung vor. Das Grundstück, das derzeit zur Zwangsversteigerung ausgeschrieben ist, soll demzufolge geräumt werden. Als weiteres soll eine Halle zur Unterbringung von Oldtimern erstellt werden.
Beschluss: Grundsätzlich wird einer neuen Bebauung nach der Räumung zugestimmt. Es ist aber zu vermeiden, dass ein ,Schrottplatz’ entsteht.“

2004: Für das Gelände der ehemaligen Gärtnerei Herzog im Eulert 12 steht die Zwangsversteigerung an.

30.01.2004: In einer Unterredung im Rathaus informieren Vertreter des Tierschutzvereins den damaligen Bürgermeister über die Absicht, das Gelände im Eulert 12 für den Tierschutzverein ersteigern zu wollen.

23.03.2004: Am Vorabend der Zwangsversteigerung berät der Technische Ausschuss (TA) über die Ersteigerungsabsichten des Tierschutzvereines mit dem Ergebnis, der Zwangsversteigerung zuzuwarten und danach nach Bedarf steuernde Schritte seitens der Gemeinde einzuleiten.

24.03.2004: Im Zwangsversteigerungsverfahren beim Amtsgericht Calw erhält der Tierschutzverein den Zuschlag für das Anwesen mit 7944 qm, das zuvor gärtnerisch und landwirtschaftlich genutzt worden war. Tierhaltung war ebenfalls betrieben worden u.a. mit ca. 100 Tieren, darunter Hasen, Hühner, Gänsen, Katzen, 4 Hunde und eine Schlange.

06.04.2004: Nach dem Erwerb des Anwesens durch den Tierschutzverein führt der TA eine Ortsbesichtigung durch. Die Zustimmung zum Betrieb eines Tierheims wird nicht in Aussicht gestellt, da der Betrieb eines Tierheims an dieser Stelle nun als sehr kritisch betrachtet wird.

30.04.2004: Besprechung zur Erörterung des vom Tierschutzverein geplanten Vorhabens im LRA (Landratsamt) Calw mit 4 Vertretern des Tierschutzvereins, 3 Vertretern der Gemeinde Althengstett und 3 Vertretern des LRA. Ergebnisse des Gesprächs: Die Nutzungsmöglichkeiten seien nicht geklärt, insbesondere die Ausweisung im Flächennutzungsplan, kein Abwasserkanal (Anm.: Es gibt dort eine Hauskläranlage), Wohnbebauung in der näheren Umgebung. Der Tierschutzverein möchte ein Nutzungskonzept für eine kleine Lösung in Form einer Tierrettungsstation vorlegen.

12.06. 2004: Die Mitglieder des Tierschutzvereins beginnen das Gelände begehbar zu machen. Der Vorbesitzer hat 61 Tonnen Müll – darunter auch Tierkadaver - hinterlassen, die von Ehrenamtlichen in der Zeit von 2004 bis 2007 abgeräumt wurden.

22.06.2004: Das Eigentümer-Ehepaar eines benachbarten Wiesengrundstückes (wohnhaft im Ortsteil Althengstett) erhebt ohne weitere Begründung Einspruch gegen die Errichtung einer Tierrettungsstation.

25.06.2004: Die Eigentümerin eines bebauten Nachbargrundstückes (wohnhaft in Weil der Stadt), der dort zuvor die Einrichtung einer Hundeschule verweigert wurde, erhebt Einspruch gegen die Errichtung einer Tierrettungsstation. Grund: Die befürchtete Wertminderung ihrer Immobilie.

25.06.2004: Der Tierschutzverein reicht ein Nutzungskonzept und eine Bauvoranfrage bei der unteren Bauaufsichtsbehörde im LRA ein.

28.06.2004: Das staatliche Gewerbeaufsichtsamt äußert gegen das Vorhaben keine grundsätzlichen Bedenken.

02.07.2004: Die Abt. Naturschutz im LRA äußert keine Einwendungen gegen das Vorhaben des Tierschutzvereins.

Das Staatliche Forstamt nimmt Stellung: Der Waldabstand von rund 20 m (Anm.: wie bisher schon) zu den Gebäuden darf nicht unterschritten werden. Die Holzabfuhr darf von parkenden PKW nicht behindert werden. Die ordnungsgemäße Jagd darf nicht gestört werden.

Anmerkung: Die Zufahrt wird derzeit von zwei Anwohnern, einem Schreinereibetrieb, von einem Vereinsheim mit Gaststättenzulassung und zu Langholztransporten genutzt.

13.07.2004: Der TA berät über die Bauvoranfrage des Tierschutzvereines zur Errichtung einer Tierrettungsstation und lehnt den Antrag mit folgender Begründung ab.
Dem Vorhaben stehen folgende gesetzliche Vorschriften entgegen:
· Planungsrechtlich, das Vorhaben liegt in einem Bereich, der nur für eine Nutzung bzw. den Betrieb für einen Gärtnereibetrieb festgesetzt ist.

Anmerkung:
Der Bereich Im Eulert liegt im Außenbereichssplitter. Für das Grundstück ist im FNP (Flächennutzungsplan) “Gärtnereibetrieb“ als Nutzung eingetragen. Eine Nutzungsänderung dürfte keine unüberwindliche Hürde darstellen, zumal an anderer Stelle „unbürokratisch“ gehandelt wurde: Im Gewerbegebiet I wurde ohne Änderung des FNP und ohne rechtsgültigen Bebauungsplan abgeholzt und ein Fabrikgebäude gebaut. Seit Sommer 2006 wird dort – noch immer ohne abschließende baurechtliche Grundlage - produziert. Darüber hinaus wurde dem Erwerber des damaligen Waldgebietes ohne Rechtsgrundlage die Umwandlung in ein Industriegebiet zugesichert. Mehr zu diesem Thema in dieser Website unter „Industriegebiet – Das schadet allen“ vom 25.04.2006.

· Erschließung, die Entwässerung ist für das Vorhaben dieser Größe nicht ausreichend dimensioniert. Des Weiteren ist die Zufahrt für den zu erwartenden Verkehr nicht geeignet.

Anmerkung:
Die Entwässerung erfolgt bislang über eine Hauskläranlage. Tierheime müssen häufig über eine Hauskläranlage entwässern, weil im Außenbereich oft kein Anschluss an die Kanalisation vorhanden ist. Der Tierschutzverein äußert die Absicht, eine biologisch-mechanische Drei-Kammer-Kläranlage einrichten zu wollen. Der ehemalige Eigentümer Herzog hielt unter den bestehenden Entwässerungsverhältnissen dort ca. 100 Tiere, darunter 4 große Hunde, Hasen, Gänse, Hühner, Katzen und eine Schlange. Nach Aussagen des Bauamtes ist die Gemeinde aufgrund gesetzlicher Vorgaben ohnehin verpflichtet, das Gebiet im Eulert künftig ans öffentliche Kanalnetz anzuschließen. Sinnvoll erscheint dies auch wegen des Publikumsverkehrs beim benachbarten Kleintierzüchter-Verein.

· Nachbarrechtlich, es liegen bereits begründete Nachbareinwendungen vor.

Anmerkung:
Davon wohnt eine Nachbarin in Weil der Stadt. Sie wollte auf ihrem Grundstück eine Hundeschule einrichten, die aber nicht genehmigt wurde. Sie befürchtete eine Wertminderung ihres Grundstückes wegen des Geräuschpegels durch die Tierrettungsstation. Das Grundstück wurde inzwischen verkauft. Beim Grundstück des anderen Nachbarn handelt es sich um ein Wiesengrundstück. Das Ehepaar wohnt einige Kilometer entfernt im Ortsteil Althengstett

· Bauordnungsrechtlich, Fragen wie z.B. der Mindestabstand zu Wohngebäuden (u.a. Lärmschutz).

Anmerkung:
Die Anwohner an der L179 klagen über den Straßenlärm der bei Tag und Nacht stark befahrenen L 179. Sie seien keine Tierfeinde, wollen sich aber gegen weiteren Umgebungslärm wehren. Das LRA empfiehlt ein Lärmgutachten, das darlegen soll, ob und wie viel an zusätzlichem Lärm durch die Einquartierung von 5 Hunden entsteht. Der Tierschutzverein will mit artgerechter Unterbringung und guter Versorgung der Tiere das Bellen minimieren und außerdem für schallabsorbierende Maßnahmen beim Bau der Hundeplätze sorgen. Der Aufenthalt von Hunden im Freien ist nachts nicht vorgesehen.

20.07.2004: Das LRA teilt dem Tierschutzverein mit: Beurteilungsgrundlage für das Vorhaben im Außenbereich ist § 35 BauGB. Für Entscheidungen, die auf dieser Grundlage ergehen, ist - entsprechend § 36 BauGB - das Einvernehmen der Gemeinde erforderlich. Dem LRA als Baurechtsbehörde ist es verwehrt, sich über diese Versagung des gemeindlichen Einvernehmens hinwegzusetzen.

16.08.2004: Der Tierschutzverein zieht seine Bauvoranfrage zur Klärung von Einzelfragen hinsichtlich der Ablehnungsgründe zurück.

26.08.2004: Austausch der Argumente bei einer weiteren Besprechung im LRA zwischen Vertretern der Gemeinde, dem Tierschutzverein und dem LRA.
Ergebnis: Die Realisierung des Vorhabens hängt von der Haltung der Gemeinde ab; Vorschlag, die Gemeinde solle dem Tierschutzverein die Möglichkeit geben, den Gemeinderat über sein Vorhaben zu informieren und dann ggf. über eine Änderung des FNP entscheiden; die baurechtlichen Fragen seien lösbar; der am stärksten betroffene Nachbar sei weggezogen.

07.09.2004: Der Architekt des Tierschutzvereins schlägt in einem Schreiben an die Gemeinde vor, die diskutierten Hinderungsgründe auszuräumen und der Bevölkerung das geplante Vorhaben mit einem Nutzungskonzept für das Grundstück im Eulert 12 vorzustellen.

20.10.2004: Der damalige Bürgermeister bringt die Angelegenheit unter TOP 4 in die Gemeinderatsitzung ein: „Errichtung eines Kreistierheims; hier: Antrag auf Änderung des Flächennutzungsplanes“. Den Sitzungsunterlagen liegt ein in wesentlichen Teilen geändertes Gesprächsprotokoll über die Unterredung im LRA vom 30.4.2004 bei. Im geänderten Gesprächsprotokoll stellt sich den Gemeinderäten der Sachverhalt so dar, als ginge es weiterhin um ein großes Kreistierheim, statt der angestrebten kleinen Lösung für eine Tierrettungsstation. Der Gemeinderat lehnt den Antrag auf Änderung des FNP mehrheitlich ab.

02.02.2005: Gemeinderat Lothar Kante stellt den Antrag auf Aufhebung des Gemeinderatsbeschlusses vom 20.10.2004 und Neubehandlung des Sachverhaltes. Grund: Zur Entscheidungsfindung lag ein Aktenschriftstück vor, dessen Inhalt nicht dem Originaldokument entsprochen hat. Das erforderliche Abstimmungsquorum dafür kommt zustande.

02.03.2005: Der damalige Bürgermeister bringt zur Neubehandlung in die Gemeinderatsitzung folgenden TOP 5 ein: „Errichtung eines Tierheims; hier: Nochmalige Behandlung des Antrages auf Änderung des FNP“.
Der TOP 5 wurde in der Sitzung vor Eintritt in die Tagesordnung wegen nicht entsprechender Formulierung und wegen inzwischen vorgelegter Stellungnahme der Kommunalaufsicht abgesetzt und verschoben.

06.04.2005: Der damalige Bürgermeister bringt den TOP erneut in die Gemeinderatsitzung ein als „ TOP 4 Errichtung eines Kreistierheims / Änderung des FNP; hier: Aufhebung des Gemeinderatsbeschlusses vom 20.10.2004 und Neubehandlung des TOP mit Beschlussfassung“. Der Beschluss vom 20.10.2004 wird nach Abstimmung im Gemeinderat mit 2 Gegenstimmen und 1 Enthaltung nicht aufgehoben.

Sommer 2005: Der Tierschutzverein stellt sich der Öffentlichkeit anlässlich des 40-jährigen Jubiläums des Vereins vor.

10.03.2006: Der Tierschutzverein beantragt das Betreiben einer Tierrettungsstation zur Unterbringung von Fundtieren auf dem Grundstück des Tierschutzvereines, Althengstett, Im Eulert 12.

13.06.2006: Der damalige Bürgermeister bringt den Antrag erst 3 Monate später in den TA zur Beratung ein. Dieser verweist die Angelegenheit in den Gemeinderat.

Sommer 2006: Der Tierschutzverein veranstaltet einen Tag der Offenen Tür mit Kinderprogramm und stellt die geplante Tierrettungsstation der Öffentlichkeit vor.

19.07.2006: Der damalige Bürgermeister bringt die Angelegenheit als TOP 6 in die Gemeinderatssitzung ein: „Errichtung eines Tierheims; hier: Nochmaliger Antrag auf Errichtung einer Tierrettungsstation. Antrag der Verwaltung: Der Gemeinderat wolle beschließen: Der Antrag auf Errichtung einer Tierrettungsstation wird abgelehnt“. Der Gemeinderat beschließt die Ablehnung des Antrages auf Errichtung einer Tierrettungsstation mit 3 Gegenstimmen.

16.01.2007: Der Tierschutzverein stellt einen neuen Bauantrag :“Im Eulert 12, Abbruch des nicht genehmigten (Anm.: Also vormals ohne Genehmigung erstellten) Bauteils, Umbau des Kleintierstallgebäudes und Anbau an dasselbe“. Der TA beschließt mehrheitlich: Das Einvernehmen der Gemeinde wird nicht erteilt.

06.05.2007: Der Tierschutzverein veranstaltet ein Maifest mit unter anderem der Polizei-Hundestaffel.

August 2007: Der Tierschutzverein baut einen großen Teiches, der auch für die Feuerwehr im Bedarfsfall als Feuerlöschteich verwendet werden kann, da der normale Wasserdruck im Eulert dazu nicht ausreichen würde.

09.10.2007: Der Tierschutzverein macht eine Infoveranstaltung in Neuhengstetter Bürger

23.11.2007: Der Tierschutzverein veranstaltet ein Plätzchenbacken mit Kindern

März 2008: Der Tierschutzverein lässt durch einen öff. bestellten und vereidigten Sachverständigen für Schallimmissionsschutz ein Lärmschutzgutachten erstellen. Im Rahmen einer schalltechnischen Untersuchung wurde die Lärmeinwirkung durch Hundegebell auf die benachbarte Wohnbebauung auf der Grundlage der Vorschriften TA-Lärm, DIN ISO 9613-2, VDI-Richtlinie 2740 und VDI Richtlinie 2720, Blatt 1 beurteilt . Die Messergebnisse und Berechnungen ergaben, dass der Richtwert sowohl nachts als auch tags deutlich unterschritten wird.
Ergänzend sei erwähnt, dass es nur an ca. 3 Monaten im Jahr Ostwind gibt, der den Schall vom Eulert in Richtung L179 und Schillerstraße trägt.