Nächste Gemeinderatsitzung

Mittwoch, 28. Dezember 2011

Zukunftsfähiges Althengstett

Das Leben findet in der Gemeinde, der kleinsten staatsbürgerlichen Einheit, statt. Hier wird Natur und Umwelt, das soziale Zusammenleben und das gemeinschaftliche Wirtschaften gestaltet. Unser Gemeindeleben muss regelmäßig neu ausgerichtet und visionär weiterentwickelt werden. Jetzt und heute ist die Nachhaltigkeit das oberste Ziel, das es zu erreichen gilt. Unser Handeln und alle Maßnahmen müssen darauf ausgerichtet werden, dass das Zusammenleben und Wirtschaften langfristig gesichert und somit auch für folgende Generationen, die in Althengstett leben wollen, möglich sein wird und finanzierbar bleibt.

Damit ab sofort und in den kommenden Jahren Maßnahmen zur nachhaltigen Gemeindeentwicklung eingeleitet werden, bringen die Gemeinderäte Gisela Gröger und Philipp Jourdan folgenden Antrag zum Haushaltsplan 2012 ein:

Im Haushaltsplan-Entwurf sind für 2012 lediglich 130.000 € für Energiesparmaßnahmen (Fassaden, Straßenlampen) vorgesehen. Das ist zu wenig, zumal beim Energieverbrauch allein schon ca. 30.000 € Mehrkosten veranschlagt werden.

Für Maßnahmen zur Energieeinsparung und Minderung des CO 2-Ausstoßes (Klimaschäden verursachen immense Kosten, die wir – auch wenn sie außerhalb unserer Gemeinde auftreten - in steigenden Preisen/Versicherungsprämien mitbezahlen müssen) bitten wir einen Betrag von mind. 300.000 € einzuplanen und auch einzusetzen, z.B. für die energetische Sanierung der öffentlichen Gebäude nach Prioritätenliste, für den Ausbau der Nahwärmeversorgung, für energiesparende Erneuerung der Straßenbeleuchtung.

Außerdem schlagen wir vor für die Gründung und Beteiligung an einer Bürger-Energiegenossenschaft einen Betrag von 500.000 € und für Innenentwicklung (kurzfristig sich ergebende Grundstücksaufkäufe) 300.000 € in den HHP 2012 einzustellen.

Für Maßnahmen des Naturschutzes bitten wir in 2012 vorzusehen:

Anlage von zwei weiteren Tümpeln zum Erhalt der Gelbbauchunken-Population am Fuße der Erddeponie
Wiederbelebung des Stiftungsgartens in Neuhengstett
Gemeindegebiet Althengstett ausweisen als gentechnikfreie Zone
Maßnahmenkatalog für die Umsetzung von Biodiversitätszielen. Das bereits ausgegebene Geld für Gutachten und Biodiversitätscheck ist verschwendetes Geld, wenn die Maßnahmen zum Erhalt der Natur nicht umgesetzt werden.

Wir fordern eine neue Stelle im Bauamt (Ingenieur oder Architekt) zur Aufarbeitung des Aufgabenstaus. Die neue Stelle kann sich kurzfristig rechnen, wenn Energieeinsparungen vorangebracht, Projekte intern anstatt extern abgewickelt werden. Ein Beispiel ist die Senkung der Heizkosten durch priorisierte energetische Sanierung von stark genutzten kommunalen Gebäuden. Ein zweites Beispiel ist die Vorbereitung der Umstellung der Straßenbeleuchtung von im Schnitt 120Watt Leuchtmittel auf 40Watt Leuchtmittel, was zu einer 75% Stromeinsparung führen würde. Dies entspräche ca. 60€ im Jahr pro Straßenlampe! In einem ersten Schritt kann man durch die neuen LED Lampen im Baugebiet Täfelberg Erfahrungen sammeln. Weiter kann man defekte konventionelle Leuchtmittel durch unterschiedliche Energiesparleuchtmittel ersetzen, um weitere Erfahrungen zu sammeln. Für die Investitionen gibt es Fördermittel. Durch die sukzessive Umstellung könnte alleine durch die gesparten Stromkosten die neue Stelle im Bauamt bezahlt werden! Außerdem wäre durch eine frühzeitige Einarbeitung eines neuen Mitarbeiters oder einer neuen Mitarbeiterin die fachliche Kompetenz im Bauamt langfristig gesichert.

Abkehr von Flächenzersiedelung / -verbrauch. Eine teure Infrastruktur für Leerstände und Baulücken vorzuhalten ist Geldverschwendung, die sich Althengstett nicht länger leisten kann. Die Verwaltung muss heutige und zukünftige Leerstände erfassen, älteren Bürgern bei der Betreuung ihrer Immobilien beratend zur Seite stehen und aus dem Ergebnis eine vernünftige Innenentwicklung unter Einbindung und Aufklärung der Bürgerschaft vorantreiben.

Wir dürfen nicht länger auf Kosten der zukünftigen Generationen leben!

Gisela Gröger und Philipp Jourdan

Samstag, 26. November 2011

Altablagerungen Tälesbach in Calw-Hirsau / Fuchsklinge

Stadt Calw und Deutsche Bahn wollen ihre alten Deponien auf Kosten von Althengstett und künftiger Generationen zuschütten. Das lehnen die Althengstetter Gemeinderäte einstimmig ab. Nicht nur wegen des Lärms, sondern auch weil man hier weiß, dass Giftstoffe in Deponien ins Grundwasser sickern. Weil Altlasten unter der Erddeponie Heimberg vergraben sind, hat Althengstett seit 2002 bereits über 400.000 € ausgeben müssen und ein Ende ist nicht abzusehen. Die Erfahrung zeigt, dass Zuschütten das Problem nicht löst, sondern verschlimmert und verteuert.

Sachverhalt

Das Sanierungsgebiet Tälesbach besteht aus der ehemaligen Deponie der Deutschen Bahn (Altablagerung Nördlicher Tälesbach) mit z.T. giftigem Material und der ehemaligen Deponie der Stadt Calw (Altablagerung Südlicher Tälesbach) mit Hausmüll, Schutt- und Erdablagerungen. In den letzten 7 Jahren wurde eine Verformung von 2 cm bei der Altablagerung Nördlicher Tälesbach und 12 cm bei der Altablagerung Südlicher Tälesbach gemessen. Laut Gutachten des Büros ARCADIS vom 29.04.2011 besteht bei Hangrutsch eine Gefährdung durch Verunreinigung des Gewässers Tälesbach (der in der Mitte zwischen beiden Deponien fließt) durch die in den Ablagerungen enthaltenen Altbestandteilen. Im Altlastenkataster des Landes B.W. steht die Sanierung der Ablagerungen Tälesbach in der Dringlichkeit weit oben.

Das LRA Calw geht davon aus, dass die Sanierung durch die Sanierungspflichtigen (Verursacher: Deutsche Bahn und Stadt Calw) aus technischen Gründen nur gemeinsam und gleichzeitig ausgeführt werden kann und forderte einen Sanierungsplan. Zur Beurteilung in welcher Weise eine Sanierung erfolgen kann, werden im ARCADIS-Gutachten mehrere Sanierungsverfahren dargestellt.

Anmerkung: Im Sanierungsvertrag § 1 wird als Sanierungsziel „ die Herstellung der standsicheren Böschungen“ vereinbart. Eine umweltgerechte Entsorgung der Altlasten, deren Gifte ggf. das Grundwasser belasten können, ist nicht geplant. Zu beachten sind jedoch die geologischen Brüche/Kluftsystem. Durch die eingefallenen Schichten fließt das Grundwasser vermutlich in östlicher Richtung/Althengstett (ARCADIS-Gutachten Seite 11).

Deutsche Bahn, Stadt Calw und LRA Calw favorisieren von den genannten Sanierungsverfahren eine Variante, bei der ca. 500.000 m³ Auffüllmaterial mit LKW herantransportiert werden, um die Altablagerung der Deutschen Bahn (nördlicher Tälesbach) und die Altablagerung der Stadt Calw (südlicher Tälesbach) durch Erdstützkörper (Auffüllung und Verfestigung) in einen stabilen Zustand zu bringen.

ARCADIS-Gutachten Seite 23: „Verfahren Erdstützkörper: Vom bestehenden Taltiefsten aus erfolgt das Gegenschütten von Erdmaterialien gegen den Böschungsfuß bis zum Erreichen ausreichend standsicherer Böschungen. Ggf. werden die Böschungen bereichsweise zusätzlich abgeflacht“.

Die berechnete Verfüllungsmenge von 500.000 m³ müsste über eine Zeitdauer von 7 Jahren oder länger von noch nicht bekannten Großbaustellen herantransportiert werden. Das würde bedeuten, dass täglich ca. 100 LKW rollen, um rund 500 m³ Auffüllmaterial anzuliefern (ARCADIS-Gutachten Seite 64).

Die Stadt Calw nennt in der Beschlussvorlage für den Gemeinderat Calw vom 21.06.2011 „Von den überprüften Zufahrtswegen ist eigentlich nur die Zufahrt über die Waldstraße von Richtung Althengstett vertretbar bzw. möglich. Es wird vorgeschlagen, das Einbaumaterial von Althengstett aus kommend über die Waldstraße zu transportieren.“ Der Gemeinderat Calw hat das in seiner Sitzung vom 21.06.2011 auch so beschlossen.

Erstaunlicherweise wurde dabei bewusst ignoriert, dass es sich bei der Althengstetter Waldstraße um eine Gemeindestraße im Naherholungs- und Naturraum handelt, die mit einer Tonnage-Begrenzung von 2,8 t belegt ist. Die Möglichkeit, dass Althengstett die Waldstraße zum Schutz ihrer Bürgerschaft nicht freigeben könnte, wird nicht in Betracht gezogen, obwohl sich der Althengstetter Gemeinderat mehrfach einstimmig gegen die Freigabe der Waldstraße ausgesprochen und dies auch publiziert hat.

Inzwischen liegt über das LRA eine formelle Anfrage an die Gemeinde Althengstett vor. Der Gemeinderat diskutierte die Thematik in seiner Sitzung am 23.11.2011 mit Vertretern des LRA, lehnte die Freigabe der Waldstraße erneut einstimmig ab und forderte eine alternative umweltgerechte Sanierungsvariante.

Bewertung

Die Althengstetter Waldstraße ist Gemeindestraße und mit Tonnage-Begrenzung von 2,8 t belegt. LKW-Transporte können dort also nur durchgeführt werden, wenn der Gemeinderat die Waldstraße dafür freigibt und die Tonnage-Begrenzung aufhebt.

Welche Auswirkungen hätte diese Entscheidung?

Über 7 Jahre oder länger würden täglich 100 LKW mit 500 m³ Auffüllmaterial über die Althengstetter Waldstraße hinunter zur Fuchsklinge fahren und dabei die Luft verschmutzen, Lärm verursachen, Natur- und Naherholungsräume sowie Straßen zerstören.

Die Rückfahrten sollen wieder über die Waldstraße herauf erfolgen. Für den Gegenverkehr müsste die Waldstraße befestigt und neun 1 m – 2 m breite Ausweichstellen sowie eine 15 m breite Ausweichstelle mit Ampelanlage gebaut werden. Die Ausfahrt auf die B 295 ist zumindest für Linksabbieger schwierig. Es ist damit zu rechnen, dass die LKW deshalb den Weg durchs Althengstetter Gewerbegebiet zum Kreisverkehr nehmen und dort Straßenschäden verursachen.

Außerdem könnten LKW-Rückfahrten wahlweise selbstverständlich auch über die K 4308 (Ottenbronn) und die L 179 (Neuhengstett) rollen, was dort noch mehr Lärm verursachen würde.

Dass vom LRA, der Deutschen Bahn und der Stadt Calw eine Sanierungsvariante ausgewählt wurde, die die Lebensqualität der Althengstetter Bürgerschaft auf Jahre hinaus beeinträchtigt, ist nicht akzeptabel und auch nicht erforderlich, denn das ARCADIS-Gutachten nennt eine Sanierungsvariante, die ohne Transporte auskommt und die angestrebte Standsicherheit durch Umlagerung der vorhandenen Böschungen erreicht.

ARCADIS-Gutachten Seite 34: „Bei Variante 3 „Erdstützkörper durch Umlagerung von vorhandenem Erdaushub/Bauschutt“ werden rd. 210.000 m³ Material aus dem südlichen Ablagerungskörper abgetragen, die Böschung abgeflacht und das Material auf den nördlichen Ablagerungskörper eingebaut (Erdstützkörper). Hierdurch wird ein standsicherer Zustand erreicht.“

Auch wird diese Variante als kostengleich bewertet (ARCADIS-Gutachten Seite 35), besitze aber den Nachteil von Kostenrisiken, die sich daraus ergeben könnten, wenn beim Abtrag des Ablagerungskörpers Materialien freigelegt würden, die nicht mehr eingebaut werden könnten und entsorgt werden müssten.

Bei dieser Aussage ist zu beachten, dass die Stadt Calw für die Sanierung von Altlasten und für die Entsorgung von Umweltschadstoffen nach heutigem Standard mit Zuschüssen aus dem Altlastenfonds rechnen kann, soweit keine anderweitige Refinanzierung erfolgt, wie z.B. hier geplant durch Annahme von Auffüllmaterial. Für die Deutsche Bahn gibt es keine Zuschüsse aus dem Altlastenfonds. Sie muss bestrebt sein, die ihr entstehenden Sanierungskosten zu refinanzieren. Dies kann am besten erfolgen, wenn möglichst viel und möglichst hoch belastetes Material (zulässiges Material bis Zuordnungswert Z2 nach VwV s. ARCADIS-Gutachten Seite 47) zur Verfüllung herantransportiert wird. Daraus erschließt sich die - in erster Linie für die Deutschen Bahn – beste, weil kostenneutrale oder u.U. sogar profitable Sanierungsvariante. Durch die Annahme des angelieferten Auffüllmaterials erzielen die Sanierungspflichtigen Einnahmen und können so nicht nur ihre Sanierungskosten refinanzieren, sondern darüber hinaus Gewinn erzielen.

ARCADIS-Gutachten Seite 48: „ Als Obergrenze kann hier ein Auftragsvolumen von rd. 550.000 m³ angenommen werden. Eine Erhöhung des o.g. Auftragsvolumens über 500.000 m³ bedarf der Zustimmung des Landratsamtes.“
Das bedeutet, dass eine Erhöhung der Menge durchaus für möglich erachtet wird.

Beschlussvorlage für den Gemeinderat der Stadt Calw vom 21.06.2011 unter 1. Allgemeines (5): „Auf Basis der durchgeführten Verfahrensvorauswahl und der Kostenschätzung war die Herstellung von Erdstützkörpern das kostenwirksamste Sanierungsverfahren (unter der Voraussetzung einer Refinanzierungsmöglichkeit durch Annahme von angeliefertem Erdaushub- oder Recyclingmaterial). Es wurde deshalb empfohlen, die Sanierung durch die Herstellung von Erdstützkörpern durchzuführen.“

Nicht nur die Sanierungsvariante „Umlagerung“ besitzt Kostenrisiken. Auch die von der Deutschen Bahn und der Stadt Calw favorisierte Sanierungsvariante „Auffüllung durch LKW-Transporte“ birgt erhebliche Kostenrisiken. Sollte sich nach der Verfüllung herausstellen, dass das Grundwasser durch die abgelagerten Schadstoffe kontaminiert wird, ggf. ausgelöst durch die Verfüllung und Verdichtung, steht die Stadt Calw bzw. der Kreis in der Verantwortung und vor enormen Kosten. Auch wenn im Sanierungsvertrag § 5 (4) vereinbart wird „ Die Vertragsparteien stimmen darin überein, dass die öffentlich-rechtliche Verantwortung und sonstige Haftung für die jeweilige Altablagerung und deren Folgen bei dem jeweiligen nach dem BBodSchG Verantwortlichen verbleiben soll“, könnte sich die Deutsche Bahn darauf berufen, dass die Beseitigung der Giftstoffe unter einem Berg von zusätzlichen 500.000 m³ nicht zumutbar ist (BBodSchG § 4). Hinzu kommt, dass die vorliegende Kostendarstellung überwiegend auf Kostenschätzungen beruht und vor allem die Belastungen, welche die Bevölkerung, die Öffentliche Hand und auch die Gemeinde Althengstett zu tragen haben, nicht beziffert werden.

Die von LRA, Stadt Calw und Deutschen Bahn angestrebte Sanierungsvariante „Auffüllung durch LKW-Transporte“ geht auf viele Jahre hinaus zu Lasten der Bürgerschaft von Althengstett und aller Menschen, die an den möglichen Transportstrecken leben.

Es geht auch anders!

Die Sanierungsvariante durch Umlagerung der bestehenden Böschungen ist im Gutachten als möglich und kostengleich beschrieben. Eine Duldung (Freigabe der Althengstetter Waldstraße) kann vom LRA gemäß Rechtsauskunft der Rechtsanwälte Eisenmann, Wahle, Birk vom 09.11.2011 nicht erzwungen werden.

Kurzsichtige Finanzierungsinteressen dürfen nicht das oberste Entscheidungskriterium sein.

Ein standhaftes NEIN zur Freigabe der Althengstetter Waldstraße ist im Interesse der Bevölkerung und soll eine weitsichtige umweltgerechte Sanierung der Altablagerungen ohne jahrelange LKW-Transporte ermöglichen.

Gisela Gröger und Philipp Jourdan
23.11.2011

Unterlagen, Quellen

Gemeinderatsbeschluss der Stadt Calw am 21.06.2011,
Beschlussvorlage Nr. 2011-0168 auf der Homepage der Stadt Calw

Gutachten Büro ARCADIS vom 29.04.2011
Emch + Berger Untersuchungsbericht zu Vögel und Amphibien vom Nov. 2009
Emch + Berger Sonderuntersuchung Haselmaus von 2010
Emch + Berger Naturschutzfachliche Beiträge vom April 2011
Diplom Biologin Isabel Dietz Untersuchungsbericht zu Fledermäusen vom 19.04.2011

Ausführungen der Bürgerinitiative Tälesbach-Deponien

§ 4 BBodSchG – BundesbodenschutzGesetz
VwV – Verwaltungsvorschrift für die Verwertung von als Abfall eingestuftem Bodenmaterial des Umweltministeriums B.W. v. 14.03.2007