Nur gut informierte Gemeinderäte können ihre Kontrollfunktion gegenüber der Verwaltung wahrnehmen, gleichberechtigt mitreden und wenn nötig kritische Fragen stellen. Deshalb wird wohl immer wieder versucht den gewählten Vertretern wichtige Informationen vorzuenthalten. Das Informationsrecht der Gemeinderäte muss deshalb immer neu erkämpft werden. In Althengstett sind wir auf diesem Gebiet jetzt durch eine Beschwerde bei der Kommunalaufsicht einen guten Schritt weiter gekommen.
Ab Dezember 2005 erhalten, wie landauf landab üblich, alle Gemeinderäte Einladungen und Unterlagen der Ausschüsse zugesandt. Es wurde außerdem klargestellt, dass jeder Gemeinderat, auch wenn er nur Besucher ist, der Verhandlungsführung in den Ausschüssen jederzeit folgen können muss und er Einsicht in alle Unterlagen nehmen kann.
Ohne Druck von oben sind solche Fortschritte leider nicht erreichbar, wie die folgende Dokumentation zeigt.
Brief an das Kommunal- und Prüfungsamt beim Landratsamt Calw, 17. November 2005
Sehr geehrter Herr Fisel,
Ich bitte um eine rechtliche Würdigung der im Folgenden beschriebenen Vorgänge und falls nötig um entsprechende Hinweise an Bürgermeister Nonnenmann.
An der Sitzung des Technischen Ausschusses der Gemeinde Althengstett vom 25. Oktober habe ich als zuhörender Gemeinderat im Zuhörerbereich teilgenommen.
Bei der Beratung ....... wurde ein überarbeiteter Bebauungsplan auf den Tisch in der äußeren rechten Ecke des Großen Sitzungssaales gelegt. Entfernung zum Zuhörer rund 10 m.
Ich stehe auf und bitte darum den Plan einsehen zu dürfen (in früheren Sitzungen war dies immer möglich) oder ihn an die Wand zu hängen.
Bürgermeister Nonnenmann: „Herr Köhler ich darf Sie bitten im Zuhörerraum Platz zu nehmen. Wir machen das jetzt ganz genau.“ Auf meine Einlassung, dass ich der Verhandlung so nicht folgen könne, kommt die Antwort: „Sie bleiben im Zuhörerraum“.
Die Ausschussmitglieder versammeln sich nun in einer geschlossenen Runde um den Tisch und beraten dort über den neuen, erstmals vorgestellten Plan. Ich konnte weder den Plan sehen noch die Wortbeiträge aufgrund der Entfernung akustisch verstehen.
Der Verhandlung zu dem Tagesordnungspunkt konnte ich deshalb nicht folgen.
Meine Fragen an Sie:
Kann der Vorsitzende einem anwesenden Gemeinderat die den übrigen Gremiumsmitgliedern vorliegenden Informationen grundlos verweigern (hier: Einsicht in Planunterlagen) und ihn
so faktisch von der Verhandlung des Gremiums ausschließen?
Darf künftig weiter so verfahren werden?
Sollte sich der Vorsitzende bei seiner Handlungsweise nicht entsprechend der Rechtsprechung verhalten habe, bitte ich um eine entsprechenden Hinweis.
In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich mich von Bürgermeister Nonnenmann in der Ausübung meines Amtes als Gemeinderat behindert fühle. Sein Verhalten mir gegenüber interpretiere ich als Strafmaßnahme ohne Rechtsgrundlage weil ich in der Vergangenheit immer wieder Unregelmäßigkeiten und handwerkliche Fehler der Verwaltung aufgedeckt und bekannt gemacht habe (Stichworte: Kreistierheim, CleanConsulting-Vertrag, Befangenheit).
Bei der Beantwortung meiner Fragen bitte ich zu berücksichtigen, dass ich keiner allgemeinen Rechtsbelehrung zum Thema „Rechte eines Gemeinderatsmitgliedes in Zusammenhang mit einem Ausschuss dem es nicht angehört“ bedarf, weil ich mich in diesen Dingen zwischenzeitlich selbst schlau gemacht habe. Ich bitte allein um eine Würdigung des beschriebenen Vorgangs und um eine Beantwortung der beiden Fragen vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung.
Unabhängig davon möchte ich Ihnen die folgenden Ergebnisse einer kleinen Umfrage zur Kenntnis geben:
Gemeinderäte als Zuhörer in Ausschüssen -
Praxis in benachbarten Städten und Gemeinden:
Alle Gemeinderäte erhalten alle Unterlagen:
Bad Liebenzell, Calw, Weil der Stadt, Nagold, Sindelfingen, Böblingen, Pforzheim
Alle Gemeinderäte sitzen mit am Tisch:
Bad Liebenzell, Calw, Weil der Stadt, Nagold, Sindelfingen, Böblingen, Pforzheim
Alle Gemeinderäte haben Rederecht:
Bad Liebenzell, Calw, Weil der Stadt, Nagold, Sindelfingen, Böblingen, Pforzheim
Praxis in Althengstett:
Gemeinderäte die nicht Mitglied in einem Ausschuss sind erhalten weder vorher noch während der Ausschusssitzungen Tagesordnung oder Unterlagen.
Zuhörende Gemeinderäte werden neuerdings vom Vorsitzenden auf den Platz im weit entfernten Zuhörerraum verwiesen (das Gremium tagt in kleiner Runde ohne Mikrofone an einem Extra-Tisch, am anderen Ende des großen Sitzungssaals). Die Verfolgung der Verhandlungen ist aus diesem Grund weder Bürgern (in öffentlichen Sitzungen) noch zuhörenden Gemeinderäten möglich. Zuhörende Gemeinderäte dürfen den Zuhörerraum nicht verlassen, auch nicht um sich Einsicht in ausliegende Planunterlagen und andere Verhandlungsgegenstände zu verschaffen. Zuhörende Gemeinderäte müssen schweigen.
Antwort des Kommunal- und Prüfungsamtes vom 28. November 2005:
die Gemeinde Althengstett hat zu den von Ihnen mit Schreiben vom 17.11.2005 erhobenen Vorwürfen Stellung genommen, so dass wir Ihnen folgendes mitteilen können:
Gemeinderäte, die nicht Mitglied eines beschließenden Ausschusses sind, können an allen, auch den nichtöffentlichen Sitzungen des beschließenden Ausschusses als Zuhörer teilnehmen, um auch auf diesem Weg einen Überblick über die gesamte Tätigkeit des Gemeinderates zu gewinnen..... Dies bedeutet, dass es dem Gemeinderatsmitglied, das nicht Ausschussmitglied ist, möglich sein muss, sich Informationen z.B. durch Einsicht in Planunterlagen während der Sitzung zu verschaffen. Ein Rederecht scheidet jedoch aus.
Die Einhaltung entsprechender Verfahrensvorschriften ist Teil der Sitzungsleitung.
Die konkrete Handhabung in Althengstett soll laut Aussage von Herrn Bürgermeister Nonnenmann vom 24.11.2005 auch Thema in der nächsten TA-Sitzung sein.
Ergänzend sei noch erwähnt, dass die Einsichtnahme in die Niederschrift (§38 Abs. 2 Gemeindeordnung – GemO) über die öffentlichen und (soweit dies für die Erfüllung der Aufgabe als Gemeinderat erforderlich ist auch der) nichtöffentlichen Sitzungen des Gemeinderates und seiner Ausschüsse allen Mitgliedern des Gremiums zusteht.
Anmerkung: Mit Vorliegen des Schreibens bei der Gemeindeverwaltung änderte sich schlagartig die Informationspraxis, wie oben beschrieben, dies jedoch ohne jede Erklärung. Bis heute wurde auch nicht über mögliche weitere neue Vereinbarungen im Rahmen der oben beschreibenen TA-Sitzung öffentlich informiert. Ich werde deshalb da mal bei einer kommenden Ratssitzung nachfragen.
Zum Abschluss noch ein Schmankerl am Rande: Selbstverständlich habe ich den Bürgermeister über die obige Beschwerde mit dem folgenden Anschreiben sofort informiert:
Neuhengstett, den 17. November 2005
Betr.:
Beschwerde bei der Kommunalaufsicht (Anlage)
Sehr geehrter Herr Nonnemann,
anbei zu Ihrer Kenntnisnahme das von mir in der jüngsten TA-Sitzung angekündigte Schreiben an die Kommunalaufsicht. Aus Gründen der Fairness und der Offenheit des Verfahrens möchte ich Sie schon jetzt darum bitten, dass Sie mich über den Inhalt Ihrer Schriftsätze in dieser Angelegenheit genauso offen in Kenntnis setzen, wie ich dies tue.
Mit freundlichen Grüßen
Darauf erhielt ich selbstverständlich eine ablehnende Antwort. "Es ist in Abstimmung mit dem Landratsamt grundsätzlich nicht üblich, dass die jeweiligen Stellungnahmen "untereinander ausgetauscht werden", schreibt Bürgermeister Nonnemann. Verboten hat's ihm zwar niemand doch ist es eben viel einfacher wenn Verwaltung hier und Verwaltung dort auf Augenhöhe miteinander kungeln können und der Beschwerdeführer außen vor bleibt.
Sonntag, 8. Januar 2006
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