

Als der anonyme Schreiber Anfang des Jahres auch noch damit begann verleumderische "Offene Briefe" in großer Zahl zu verteilen und Arbeitgeber von Gemeinderäten mit Post bedacht wurden, haben wir mit den uns bekannten Geschädigten Kontakt aufgenommen. Alle uns bekannten Pamphlete wurden zusammengefasst und Anzeige gegen Unbekannt bei der Staatsanwalt in Tübingen erstattet.
Die Ermittler der Kriminalpolizei Karlsruhe haben in einer ersten Etappe gute Arbeit geleistet und waren nun erfolgreich. Sie beschuldigen den Vater von Bürgermeister Nonnenmann der Täterschaft. Der in Calw wohnhafte ehemalige Kripo-Chef verfügte offensichtlich, wie aus den anonymen Schreiben ableitbar ist, über Detailkenntnisse und Insiderwissen. Beispiel:.
Er kommentiert in einem anonymen Schreiben, das bereits zwei Tage nach der Sitzung seinen Adressaten erreicht hat, eine in nichtöffentlicher Gemeinderatssitzung gehaltene Rede.
Damals wunderte sich der so gemaßregelte Gemeinderat, woher der anonyme Schreiber wissen konnte, was im Rat hinter verschlossener Tür gesprochen worden war. Heute wundert er sich darüber nicht mehr.
Die Kripo Karlsruhe ermittelt derweil auch in Althengstett weiter.
Uns kommt es darauf an, dass der Sachverhalt mit seinen Hintergründen vollständig aufgeklärt wird.
Viele Althengstetter Familien betroffen
Von den üblen Beschimpfungen und Drohungen sind, soweit uns bekannt, rund 20 Althengstetter Familien betroffen, darunter neben Bürgerinnen und Bürgern ohne politische Funktion auch mehrere Gemeinderäte, Stellvertreter des Bürgermeisters, Mitarbeiter aus der Verwaltung und der Ehrenbürger und ehemalige langjährige Bürgermeister von Althengstett, Gerhard Schanz.
Über einen Zeitraum von sieben Jahren konnten wir rund 40 Briefe und Postkarten erfassen, die immer sehr zeitnah zu aktuellen kommunalpolitischen Ereignissen versandt worden sind. Sollten Sie liebe Leser weitere Dokumente dieser feinen Art kennen, freuen wir uns über entsprechende Hinweise. Besonders interessiert sind wir natürlich auch an den Briefen, die Bürgermeister Nonnenmann, laut Presseberichten, selbst erhalten haben soll.
Ihm mag diese Dimension nicht bekannt gewesen sein. Er wußte aber davon, dass verschiedene Bürger mit derartiger Post belästigt worden sind. Darüber wurde sowohl in Gemeinderatssitzungen (öffentlich von einem stellvertretenden Bürgermeister vorgetragen) als auch im Rathaus gesprochen. So hat der Bürgermeister im Januar 2006 den erwähnten "Offenen Brief" gegen einen ehemaligen Gemeinderat auf den Tisch bekommen.
Im Rathaus wurde dieser Brief herumgereicht. Den betroffenen Gemeinderat hat der Schultes nicht informiert.
Außerdem wurde Bürgermeister Nonnenmann von einem Bürger mit einem weiteren handschriftlichen Schreiben direkt konfrontiert. Reaktion – keine!
Hier nun einige willkürlich ausgewählte Auszüge aus den gesammelten Werken:
"Was geht dich als dorfbekannten Besserwisser, Klugscheisser und grünes Oberarschloch die Gemeindepolitik von Althengstett an..."
"Es gibt offenbar nur zwei Möglichkeiten, um diesen absurden Unsinn zu stoppen, entweder der Psychiater kann noch etwas für Dich tun, oder Dich trifft der "Blitz beim Scheißen", dann wäre nämlich auch wieder Ruhe und Ordnung in Althengstett"
"Na Du geistiger Tiefflieger... die göttliche Rache möge alsbald folgen und Du zur Hölle fahren, wo Charakterschweine hingehören." (07.02.06)
"Was für ein Kleingeist, der sich zum Arschloch für andere macht." (01.02.06)
"Der Pressebericht geht auch an die Firma Intier, damit diese solche Querulanten und Klugscheißer nicht doch noch einstellt." (22.03.06)
"Hättest Du doch besser geschwiegen, auch im Interesse Deiner zitierten Tochter" (24.03.05)
"Du bist doch so doof wie Hundescheiße..." (24.03.06)
"Wenn Dein Arsch zuschnappen tät, wer endlich Ruhe - Das größte Arschloch weit und breit" (17.03.06)
"Hallo verklemmtes Arschloch, hoffentlich trifft Dich bald der Blitz beim Scheißen, ansonsten müssen wir beten, dass Du an Deinen verbalen Ergüssen (Kotze) erstickst, damit dem Ansehen der Gemeinde nicht weiter Schaden zugefügt wird" (23.11.2005)
"Je eher der Pressefritze an seinen Attacken erstickt und den Rambo-Günther der Blitz beim Scheißen trifft, je eher kehrt Ruhe ein. Wir schließen beide in diesem Sinne ins Nachtgebet ein." (07.02.2006)
"Wenn Dir morgen Deine Schreib-Hand abfault oder der Arsch zuschnappt, dann hat der liebe Gott viel für das Ansehen von Althengstett bewegt." (Frühjahr 2006)
„Der Schaden wär gering, wenn’s Dich nicht mehr gibt. Ohne Dich wär der Gemeinderat chemisch rein von kranken und überflüssigen Nestbeschmutzern.“
Das soll genügen!
Den gesamten Vorgang machte die Stuttgarter Zeitung in ihrer Ausgabe vom Mittwoch, dem 25.10. öffentlich. Hier der ausführliche Bericht dieser Zeitung.
Seine Handschrift verrät den früheren Kripochef
Ein anonymer Briefschreiber hat in Althengstett jahrelang die Gemeindepolitik des Schultes gestützt und Andersdenkende beleidigt
Die Gemeinderäte in Althengstett können aufatmen. Der anonyme Briefschreiber ist enttarnt. Die Staatsanwaltschaft Tübingen hat den ehemaligen Calwer Kripo-chef im Visier. Er wollte wohl seinem Sohn, dem in der Kritik stehenden Bürgermeister, mit den Schreiben beistehen.
Von Andrea Koch-Widmann
Jahrelang hat ein anonymer Briefeschreiber missliebige Gemeinderäte in Althengstett (Kreis Calw) aufs Korn genommen und sie in handgeschriebenen Briefen beleidigt. Post bekamen jene Ratsmitglieder, die an der Politik und Amtsführung des Bürgermeisters Kritik übten. Seit 1999 ist Jörg Nonnenmann dort Rathauschef, die ersten anonymen Briefe stammen aus dem Jahr 2000.
Manche Kritiker wurden sogar bei ihren Arbeitgebern und Vereinen denunziert. Angst und Verdächtigungen machten sich breit, schließlich hatte der Briefeschreiber Insiderkenntnisse aus dem Ratsgremium. "Ihr Statement war so unnötig wie ein Kropf ", kanzelte etwa der Schreiber einen Gemeinderat ab, der sich in nicht öffentlicher Sitzung geäußert hatte. Vier Personen ertrugen die Beleidigungen nicht mehr und erstatten im vergangenen Juni Anzeige gegen unbekannt.
Die Calwer Polizei allerdings gab den Fall sehr schnell ab, und das nicht, weil er zu schwierig war. Ziemlich schnell hatten sie einen konkreten Verdacht - und fühlten sich befangen. Im Visier der völlig entsetzten und fassungslosen Ermittler: der ehemalige Chef der Kriminalpolizei Calw. Die Beamten glaubten, die Handschrift des 1999 pensionierten Kollegen erkannt zu haben.
Gegen diesen Mann wird als Beschuldigten ermittelt, bestätigt die Tübinger Staatsanwaltschaft. Die Akten allerdings seien noch bei der nun ermittelnden Landespolizeidirektion Karlsruhe. Vergangene Woche habe eine Hausdurchsuchung bei dem früheren Polizisten stattgefunden. Er habe zunächst ein Geständnis abgelegt und angegeben, seinen Sohn vor ungerechtfertigten Vorwürfen von Gemeinderäten und politisch anders denkenden Personen in Schutz nehmen zu wollen, sagt der Leitende Oberstaatsanwalt. Dieses Geständnis habe der Mann allerdings widerrufen. Jetzt würden die Geschädigten befragt, ob sie ihren Strafantrag aufrechterhalten.
Der Vater hat dem Sohn einen Bärendienst erwiesen. Statt ihn zu schützen, hat er ihn in den Mittelpunkt eines handfesten Skandals katapultiert. Die Wogen gehen hoch im Ort - schließlich wohnt der Vater nicht in Althengstett und war ganz offensichtlich schnell und bestens informiert. Inzwischen kommt auch Selbstkritik aus dem geschockten Gemeinderat. "Zu wenig" habe das Gremium bisher Kritik am Schultes nach außen getragen, sagt einer selbstkritisch. Stets bemüht um Ausgleich und ein tragfähiges Arbeitsklima, habe der Gemeinderat akzeptiert, wenn der Bürgermeister Besserung gelobte. Damit wollen sich die Räte nicht mehr zufrieden geben. Schließlich endet im nächsten Jahr die erste Amtszeit Jörg Nonnenmanns.
Damals hatte sich der Diplom-Verwaltungswirt, zuletzt im "zentralen Stab" des damaligen Innenministers Thomas Schäuble (CDU), als "erfahrener Verwaltungsprofi" angepriesen, als "verlässlichen Partner", der auf ein "offenes Klima des Vertrauens" setzen wollte. Die Wirklichkeit sah anders aus, wie zwei Beispiele zeigen. Im Jahr 2003 sah sich der Schultes dem Vorwurf ausgesetzt, eine Enteignung betrieben zu haben, um seinen privaten Hausbau zu beschleunigen. Chancenlos vor Gericht, zog die Gemeinde die "vorzeitige Besitzeinweisung" zurück, der Schultes verzichtete auf das Vorhaben. Im Frühjahr versuchte der Bürgermeister, opponierende Räte mit einem Anwalt zur Räson zu bringen. Sie hatten auf einer Homepage eine Gegenöffentlichkeit zur vom Schultes gesteuerten Information des Amtsblatts geschaffen.
Der Bürgermeister zeigte sich gestern "genauso geschockt" und distanzierte sich von diesen Vorfällen. "Ich weiß davon absolut nichts", sagte Jörg Nonnenmann. "Ich habe nichts damit zu tun", beteuerte er. Vielmehr habe er selbst anonyme Briefe erhalten. Diese gelte es nun genauestens zu analysieren. Er habe jetzt die Polizei gebeten, ihn zu informieren.