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Dienstag, 4. Mai 2010

Artenschutz ist bitter nötig

Warum wir Blühwiesen und Blühstreifen brauchen

Blüten besuchende Insekten wie Honigbienen, Wildbienen, Fliegen, Wespen, Schmetterlinge und Käfer haben eine entscheidende Funktion im Ökosystem. Sie alle bestäuben bei ihrer Nahrungssuche Pflanzen. 80 % aller einheimischen Blütenpflanzen sind auf die Bestäubung durch Insekten angewiesen. Ein Mangel an Blütenbestäubern führt auch bei unseren Kulturpflanzen wie zum Beispiel Obst, Raps, Sonnenblumen zu deutlichen Mindererträgen. Sind bestäubende Insekten nicht oder nur unzureichend vorhanden, hat das Auswirkungen auf die Lebensfähigkeit örtlicher Tier- und Pflanzengesellschaften und kann zum Verschwinden von Arten führen. Ein örtlicher Rückgang der Artenvielfalt von Pflanzen ist mit dem Verschwinden der Bestäuber in Verbindung zu sehen. Alle Insekten selbst sind wiederum Nahrungsgrundlage für viele andere Tiere wie z.B. Vögel, Frösche, Eidechsen und viele andere, die unsere Kinder nicht nur aus Büchern kennen sollen.

Die Lebensbedingungen der blütenbestäubenden Insekten haben sich in den letzten Jahrzehnten deutlich verschlechtert. Bemerkbar wird dies an den hohen Bienenverlusten der letzten Winter. In Baden Württemberg starben in den letzten Wintern 30 % aller Bienen. Die Situation bei den Wildbienen ist noch dramatischer. 52 % aller Wildbienenarten, d.h. mehr als die Hälfte, stehen auf der roten Liste und sind in ihrem Bestand gefährdet.

Die Entwicklungen in der modernen Landwirtschaft führen zu einem immer knapper werdenden Nahrungsangebot für blütenbesuchende Insekten. Nach einem reichen Angebot im Frühjahr bricht die Nahrungsversorgung Ende Mai / Anfang Juni meist schlagartig zusammen. Von den Kulturpflanzen ist als Nektar- und Pollenlieferant meist nur noch Raps übriggeblieben, da es die Beikrautflora im modernen Ackerbau nicht mehr gibt. Durch die zunehmende Intensivierung im Grünland mit früher und häufiger Mahd – in der Regel vor der Blüte – bietet auch das Grünland abgesehen vom Löwenzahn kein nennenswertes Angebot mehr, so dass es zu der paradoxen Situation kommt, dass die Imker schon im Juni / Juli ihren Bienenvölkern zufüttern müssen. Den Wildbienen aber kann niemand zufüttern! Da sich die Bienen nicht mehr ausreichend und vielfältig ernähren können, sind sie nicht mehr widerstandfähig genug, um harte Winter und die Belastung durch die Varroa-Milbe zu überstehen.

Blühwiesen anlegen bedeutet also Bienen schützen. Bienen schützen heißt unser Überleben sichern, denn 35 % unserer Lebensmittel verdanken wir bestäubenden Insekten.

Nicht aus romantischen Aufwallungen sondern aus Staatsinteresse wollen z.B. unsere Nachbarn, die Franzosen, in den nächsten 3 Jahren 12.000 km Straßenrand floristisch aufwerten. Sollten wir da in Althengstett nicht auch einen Beitrag für unsere Zukunft leisten? Ganz abgesehen davon, dass Blühwiesen eine „Augenweide für Herz und Seele“ sind, die wir in unserer Gemeinde gut gebrauchen können!


Chronologie einer Anregung und wie in Althengstett bürgerschaftliches Engagement ausgebremst wird

Der BUND Althengstett erfährt im September 2009, dass der BUND Regionalverband am 6. November 2009 in Heimsheim einen workshop für die Leiter der Bauhöfe sowie für Stadtgärtner anbietet mit dem Thema „Blühende Landschaft im Heckengäu – wie Öffentliches Grün zu Öffentlichem Bunt wird“. Referenten sind Dieter Felger, Gartenbauamtsleiter aus Mössingen und Frau Krüger vom „Netzwerk Blühende Landschaften“. Das Projekt wird von Plenum Heckengäu unterstützt. Alle Bürgermeister der Region erhalten Einladungen dazu.

Am 24.9.2009 bittet der BUND Althengstett Herrn Bürgermeister Dr. Götz um Teilnahme unserer Gemeinde an diesem workshop.

Am 25.9.2009 antwortet Ortsbaumeister Herr Wurster:“ Fast täglich bekommen wir Einladungen für die verschiedensten, meist qualitativ hochwertigen Seminare“.

Am 6. November 2009 ist die Gemeindeverwaltung bei dem workshop nicht vertreten, dafür nehme ich als BUND Vorsitzende – und einzige Nichtfachperson - daran teil.

Ende November 2009 bittet der BUND Vorstand Ortsvorsteher Herrn Fink um einen Gesprächstermin wegen der Anlage von Blühflächen in Ottenbronn. Der Orstvorsteher möchte dazu auch den Ortsbaumeister und den Bauhofleiter einladen und erklärt, „dass es aber dieses Jahr nicht mehr geht“.

Am 13. Januar findet dieses Gespräch ohne den Bauhofleiter statt. Wir erklären, warum Blühflächen wichtig sind und dass der BUND bei Mithilfe der Gemeinde das Säen, die Bestellung entsprechender Schilder und die Information der Bevölkerung im Blättle übernehmen würden. Gleichzeitig übergeben wir dem Ortsvorsteher eine Liste möglicher Grundstücke und schlagen vor mit zwei Flächen zu beginnen.

Am 26. Februar ist witterungsmäßig der Zeitpunkt günstig das ins Auge gefasste Grundstück in der Dorfmitte umzugrubben. (Eigentlich hätte dies bereits im Vorjahr erfolgen sollen, damit das Gras im Winter verrotten kann.) Der Bund erinnert deswegen den Ortsvorsteher. Es passiert nichts.

Am 22. März beschließt der Ortschaftsrat bei einer Enthaltung zwei Blühflächen in Ottenbronn anzulegen.

Im April wird zunächst eine ca. 4x5 Meter große Fläche am hinteren Ende des Grundstückes in der Wasenstraße grasfrei geschoben. Der Bauhofleiter teilt mit, dass der Rest nicht möglich sei, da sich unter der Oberfläche Fundamente befänden. Das zweite Grundstück Zwickel Meierhofstraße/ Lindenweg sei wegen der Baumwurzel und möglicher Kabel ebenfalls nicht geeignet. Der BUND ruft deswegen beim Ortsvorsteher an und schlägt eine Alternativfläche vor. Der Ortsvorsteher teilt mit, dass man das Problem in der Wasenstraße durch Auffüllen mit Humus beheben könne. Der vom BUND dazu befragte Gartenbauamtsleiter aus Mössingen hält dieses Vorgehen für möglich.
Daraufhin lädt die Gemeinde einige LKW-Ladungen Erde (eher Lehm als Humus) ab.
Die Mitglieder des BUND sehen sich physisch außerstande, diese Erdeschollen auf dem gesamten Grundstück zu verteilen und bitten die Gemeinde das zu übernehmen.
Die Erde wird grobschollig verteilt. Vorn an der Straße bleibt eine große Grasfläche bestehen.

Am 15. April sieht sich der BUND Vorstand zusammen mit dem Stadtgärtner von Calw das bisher Geschaffene an und klärt, was für ein Gelingen der Aktion noch getan werden müsste. Der Stadtgärtner erläutert, dass die Erde zunächst ein paar Mal durchgefräst und dann mit dem Kreiler planiert werden müsste (Vorbereitung wie zu einer normalen Grasfläche). Grassoden, Steine, Wurzel- und Plastikreste müssten ausgelesen werden bevor mit dem Säen begonnen werden könne. Der BUND gibt diese Informationen an den Ortsvorsteher weiter.

Am 19.April teilt der Ortsvorsteher mit, dass das Grundstück gefräst worden sei und für die weiteren Schritte die Gerätschaften fehlten und dass die Maßnahme ja keine Kosten verursachen solle.

Am 27. April erfährt der BUND Vorstand bei einem Gespräch mit Bürgermeister Dr. Götz, dass dieser es spannend findet mit dem Samen auf dem lediglich durchgefrästen Grundstück zu experimentieren. Die Gemeinde wolle die Angelegenheit selbst übernehmen. Daraufhin gibt der BUND Samen und Schilder im Rathaus ab. Dr. Götz sichert zu, dass die Gemeinde auch im nächsten Jahr wieder Blühflächen anlegen werde.

BUND - Barbara Fischer

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