Nächste Gemeinderatsitzung

Dienstag, 4. April 2006

Steinlesberg – Naturschutz übergangen

Chronologie der Ereignisse

In seiner Sitzung am 28. September 2005 hat der Gemeinderat Althengstett Arbeiten an einem "Feldweg im Gewann Steinlesberg mit ca. 800 m Länge" beschlossen. Dies obwohl die Frage nach der Zugehörigkeit des Weges zum Naturschutzgebiet Steinlesberg von der Verwaltung nicht beantwortet werden konnte.

Auch der Hinweis auf mögliche spätere Kosten (Regressforderungen), die der Gemeinde dann entstehen könnten, wenn die beauftragte Firma ABBW Asphaltbau ihren erteilten Auftrag nicht realisieren kann, weil ein Straßenausbau im Naturschutzgebiet von übergeordneten Behörden nicht erlaubt werden würde, führte nicht zur Einsicht im Rat. Auf eine Verschiebung der Abstimmung bis zur Herstellung von mehr Rechtssicherheit wollte die Mehrheit nicht eingehen. Zumal Bürgermeister Nonnenmann den Rat mit der Einlassung beruhigte, eine Zustimmung sei vom Naturschutzbeauftragten des Landkreises bereits im Vorfeld signalisiert worden.
Was keiner der Räte wissen konnte, der Schultes und seine Verwaltung aber längst hätten wissen müssen, erwies sich als folgenschwer: Für Befreiungsanträge bei Bauarbeiten in Naturschutzgebieten ist nicht der Landkreis, sondern allein die Naturschutzbehörde beim Regierungspräsidium in Karlsruhe zuständig. Der von BM Nonnenmann in den Raum gestellte Persilschein durch den Landkreis war also von Anfang an untauglich und führte den Rat in die Irre.
An eine schnelle Umsetzung der Maßnahmen im Rahmen des Straßenbauprogramms 2005 war vor diesem Hintergrund in der Folgezeit nicht mehr zu denken, denn die Karlsruher Behörde ließ sich offensichtlich nicht beirren und nahm ihren Job ernst.

Befreiungsantrag 3 Wochen nach Vergabebeschluss
Am 20. Oktober, drei Wochen nach dem Vergabebeschluss im Gemeinderat, stellte Bürgermeister Nonnenmann den längst überfälligen offiziellen "Antrag der Gemeinde Althengstett zum Aufbringen einer bituminösen Deckschicht auf den Weg im Bereich Steinlesberg im Natur- und Landschaftsschutzgebiet Würm-Heckengäu". Der Bitte um eine baldige Entscheidung, konnte das Regierungspräsidium jedoch nicht folgen, da half auch kein Behördentermin im November, wohl deshalb nicht, weil eine fachliche Beurteilung erstens Zeit braucht und zweitens, vor einer Entscheidung, neben dem Regierungspräsidium auch noch Träger öffentlicher Belange, sprich Naturschutzorganisationen zu hören sind.

Fachliche Beurteilung zugunsten des Naturschutzes
Das Ergebnis einer ersten fachlichen Beurteilung ist jedoch zum Wohle des Naturschutzes ausgefallen. Darin wird die Notwendigkeit eines Ausbaus der bisherigen Trasse nicht gesehen, Die Gemeinde erhält jedoch vor einer endgültigen Entscheidung Gelegenheit zur Äußerung oder kann den Antrag zurückziehen.

Gründe für diese Sichtweise sind:
Die stärkere Zerschneidung von wertvollen Lebensräumen im Naturschutzgebiet.
Die Zahl der illegalen Nutzer wird sich erhöhen.
Die gefahrenen Geschwindigkeiten werden sich erhöhen.
Der Reifenabrieb von fahrzeugen wird bei baulicher Veränderung konzentriert an den Seiten der Straße angeschwemmt.
Land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge sind aufgrund ihrer Beschaffenheit für Schotterwege gut geeignet. Bei angepasster Geschwindigkeit (Beschilderung) entsteht kein höheres Beschädigungspotenzial als bei einem ausgebauten, versiegelten Weg.

Weitere Schreiben und Behördentermine schlossen oder schließen sich an, eine mehrfach von Grünen und SPD geforderte detaillierte Information des Gemeinderates über die Entwicklung der Angelegenheit wurde unter Hinweis auf das laufende Verfahren und mit der Begründung "jetzt ist ohnehin Winter und da kann nicht gebaut werden" abgelehnt.

Kommentar: Nachdem die Beurteilung des Vorhabens in zwei Schreiben der Fachbehörde des Regierungspräsidiums eindeutig gegen die unausgegorenen und rechtlich fragwürdigen Pläne der Althengstetter Verwaltung ausgefallen ist, kann eigentlich nur noch ein politischer Schachzug die Kuh vom Eis holen. Gute parteiinterne Beziehungen im CDU-Lager könnten da Wunder bewirken.
Eine blamable Angelegenheit bleibt der Vorgang um den Straßenbau im Naturschutzgebiet für Bürgermeister Nonnenmann allemal, zeigt er doch , dass dem Bürgermeister erneut ein eklatanter handwerkliche Fehler unterlaufen ist. Angesichts der planerischen Unsicherheit und drohender Regressforderungen durch die beauftragte Firma hätte der Schultes nämlich den Mehrheitsbeschluss des Rates kassieren müssen, um Schaden von der Gemeinde abzuwenden.

Was haben die Gegner des Ausbaus erreicht:
Selbst wenn am Schluss doch betoniert werden sollte, was wir nicht hoffen, weiß die Verwaltung nun, dass in Naturschutzgebieten nicht einfach nach Gutsherrenart eigenmächtig gewirtschaftet werden kann sondern dass es hier gesetzlich festgelegte Regeln für eine Befreiung von den Vorschriften des Naturschutzes gibt. Paragraph 62 Naturschutzgesetz läßt grüßen.
So leichtfertig wird künftig sicher nicht noch einmal über die Grenzen des Naturschutzes hinweggetrampelt werden.

Anhang
Dokumentation zum Thema Feldwegausbau Steinlesberg:
In den Unterlagen zur Gemeinderatssitzung am 28. September erhalten die Gemeinderäte folgende Angaben zum Straßenausbauprogramm:
"Straßenausbauprogramm hier: Vergabe der Arbeiten für 2005
Inhalt der Ausschreibung ist die Instandsetzung des Fußweges beim Hallenbad, der Sonnenstraße und des Lindenäckerweges in Althengstett. Hinzu kommt der Feldweg im Gewann Steinlesberg (Flst. Nr. 1962, 1908 und 2433) mit ca 800 m Länge. In Neuhengstett....

Im Laufe des weiteren Verfahrens nach dem Vergabebeschluss stellt sich nun heraus, dass der Weg nicht nur einen neunen Belag erhalten sondern auf 3m verbreitert werden soll, davon war im Gemeinderat nie die Rede.

Im Einzelnen sind folgende Arbeiten vorgesehen:
Profilierung des Wegbereiches, Ausgleich mit Mineral-Schottergemisch.
Aufbringen einer 3 m breiten Fahrspur mit Bitu-Kies 0/16 mit 8 cm Stärke
gebrochenemn Mineralbeton.... anschließend wird die Decke für einen groben Belag mit Streumaterial (Grau) abgestreut.
Die verbleibenden Reststreifen des bestehenden Weges werden mit Schottergemisch ausgeglichen.
Die Gemeinde will mit bewährten Materialien arbeiten, da sie bereits mit umweltfreundlichen HGT-Belägen schlechte Erfahrungen gemacht hat.

Über diesen Arbeitsumfang wurde der Gemeinderat bis heute nicht informiert.

08.März 2006

Feldwegbau: Regierungspräsidium auf dem Rückzug

Die Naturschutzbehörde beim Regierungspräsidium in Karlsruhe hat sich entgegen der eigenen eindeutigen fachlichen Einschätzung "pro Naturschutz" (siehe auch Beitrag "Steinlesberg - Naturschutz einfach übergangen" auf dieser Webseite) zum Rückzug in Sachen Feldwegausbau am Steinlesberg bewegen lassen. Die im Verfahren noch zu befragenden Naturschutzverbände sind von der Behörde nach einem weiteren Ortstermin vor zwei Wochen zu einer Stellungnahme im Rahmen des Befreiungsverfahrens aufgefordert worden.
Die Althengstetter Gemeindeverwaltung kann deshalb aufatmen. Nach einem bangen halben Jahr werden nun die eigenen Fehler im Verfahren mit Hilfe der Naturschutzbehörde geheilt. Eine Regressforderung des beauftragten Unternehmens ist vor diesem Hintergrund nicht zu erwarten.
Der Naturschutz steht wieder einmal auf der Verliererseite.

Zum Abschluss des Verfahrens fehlt nun nur noch die positive Stellungnahme der Naturschutzverbände. Sollten die ihre Zustimmung verweigern, kann gegen eine anderslautende Entscheidung des Regierungspräsidiums geklagt werden.

Keine Kommentare: